5,0 sur 5 étoiles
Der größte Wurf des Jahres.
Commenté en Allemagne 🇩🇪 le 29 avril 2020
Der Erfolgsroman von Delia Owens, der sich nun schon über gute 40 Wochen nie wirklich aus der Spiegel-Liste verdrängen ließ, schafft es sich nicht zur nur halten, nein, sie schafft es sogar auf den ersten Rang! Ihr Buch ist in meinen Augen einer der größten Würfe, die wir in letzter Zeit hatten. Es ist ein Buch über Erwachsenwerden, über den stillen Schmerz von Traumata, über Sehnsucht, darüber wie wir Kraft in der Natur bekommen, wie Tiere und Pflanzen uns trösten können, es ist ein Buch über Liebe, aber auch über Einsamkeit. Über das Gute und das Böse im Menschen, und es stellt immer wieder Fragen: Nämlich, ob wir den Menschen trauen können, es erzählt von menschlichen Verlusten, von überleben, von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, von Wahrheit und Lüge und vielleicht dem Wunsch, im Einklang mit der Natur, den Pflanzen, Muscheln, Möwen und Seevögeln zu leben. Ein großartiges Buch, dass mich innerlich zutiefst berührt hat, ergriffen hat und ich irgendwann das Gefühl hatte, mittendrin in dieser Geschichte zu sein, die einfach großartig erzählt wird. Für mich eines der besten Bücher, das ich die letzten Jahre gelesen habe.
Wir sind in Barkley Cove, einer Kleinstadt von der Küsten North Carolinas, in den USA. Wir sind bei einer zerrissenen Familie, in der Kya aufwächst, 7 Jahre alt. Am Anfang verlässt ihre Mutter jene Hütte in der Marsch, so heißt das Sumpfgebiet, in dem Kya aufwächst. Irgendwann verlässt auch ihr älterer Bruder Jodie, dem sie viel zu verdanken hat, der ihr viel beigebracht hat, auch die Marsch. Bis sie irgendwann mit ihrem gewalttätigen Vater zurückbleibt, der Alkoholiker ist, der von seinen Wunden vom Krieg nie wirklich geheilt ist und hilflos und überfordert wirkt. Kurz, wir erleben ein Mädchen, dass immer mehr alleine aufwächst, z. T. verschwindet ihr Vater über mehrere Tage, bis auch der irgendwann von der Oberfläche verschwindet. Eine Familienkonstellation, über der verschiedene Stille Traumata schwingen, ein Familiengefüge das inflationär daherkommt und man noch gar nicht versteht, in welches Klima uns die mittlerweile 70-jährige Zoologin in ihrem Erstling [!] hier erzählen will. Kya versucht irgendwie in dieser ursprünglichen und unberührten Natur zu überleben, ein Besuch in der Schule bricht sie gerade nach einem Tag ab, sie fühlt sich anders als die anderen, im Ort nennt man sie das "Marschmädchen", über die viele ihre eigenen Vorurteile haben, ohne sie je wirklich kennengelernt zu haben. Kya sammelt Muscheln und verkauft sie Jumpin' einem Schwarzen, der einen Laden unweit ihrer Hütte an der Küste hat, wo man mit dem Boot hinfahren kann. Kya räuchert Fisch und verkauft ihm ihre Muscheln, es entsteht eine Freundschaft zwischen Jumpin‘ und Kya und seiner Frau Mabel. Kya lebt in einer sehr einfachen Hütte mit Blechdach und Holzofen, ernährt sich von Griesbrei und sammelt Federn aus der Marsch, Muscheln, alles Mögliche, als ob sie eine Autodidaktin in Sachen Biologie wäre. Die Marsch ist ihr eigenes Forschungszentrum direkt vor der Haustür, sogar ein besonderer Greifvogel kommt ab und zu auf ihre Veranda.
Sie lernt Tate kennen, der am Fischen ist, er ist ein früherer Freund der Familie auch von ihrem Bruder, nur erinnert sich Kya nicht mehr an ihn. Die beiden freunden sich an, erste Anflüge von Liebe vermeint man zwischen den beiden zu spüren, bereits dort beginnt man zu begreifen, wie zart eigentlich Delia Owens schreiben kann. Tate bemerkt, dass die nicht lesen kann, und bringt es ihr bei, die beiden teilen gemeinsame Interessen, was die Liebe zur Marsch, den Vögeln und Tieren anbelangt. Bis sie sich irgendwann aus den Augen verlieren, und die Autorin behält dabei immer noch ein Stückchen Geheimnis für sich, was sich bis zum Schluss durchziehen wird. Man staunt irgendwann, was hier aller in der Stille verschwiegen wurde!
Parallel dazu lesen wir fast so eine Art Soft-Krimi, denn zwei Jungs entdecken beim Feuerwachtturm, den toten Chase Andrews. In Rückblenden erzählt uns hier die Autorin, das Leben von Kya, die irgendwann eine Affäre mit Chase hat, der unbedingt sie ins Bett kriegen will, aber nicht wirklich an ihr als Mensch und ihrer Liebe zur Marsch interessiert ist. Die beiden sind angeblich eine Weile (1 Jahr) zusammen und schließlich wird Kya vom Sheriff des Dorfes verdächtigt, Chase ermordet zu haben. Und so wird uns im Wechsel das Leben von Kya erzählt, die immer erwachsener und reifer wird, Bücher zu lesen beginnt, von Männern (Tate und Chase) enttäuscht wird, und lernen muss, dass sie sich nur auf sich selbst verlassen kann. Ein großes Buch über das Gefühl der Einsamkeit. Kya nimmt uns mit in ihre Welt der Natur, der Sumpfvögel, der Möwen, der Muscheln und Pilze, alles sammelt sie und hat sogar dafür Regale in ihrer Hütte, die immer mehr wie ein Biologie-Labor für all das Gefundene darstellt. Sie ist auch ein Fluchtmädchen, sie hat gelernt vorsichtig zu sein, und wenn's gefährlich wird, sich vor den Menschen zu verstecken.
Irgendwann wird sie sogar Autorin, sie liest Gedichte von verschiedenen Autorinnen, die man nicht alle kennt, und doch spielt lesen und schreiben eine wichtige Rolle in diesem Roman. Doch irgendwann zieht sich die Schlinge um Kya immer stärker zu, bis man ihr eine Falle stellt um sie zur Rechenschaft zu ziehen, und sie sich von Vorwürfen umzingelt sieht. Viel mehr darf man vermutlich an dieser Stelle nicht verraten, denn der Roman lebt aus seinen Geheimnissen, die zum Teil wie unscheinbar bis zum Schluss unentdeckt bleiben und man am Schluss all die kleinen Hinweise nochmal nachgeht und nachliest. Und obwohl es keinen richtigen Sog wie bei einem Thriller oder Krimi gibt, ist man trotzdem gepackt, von ihrer Geschichte, man lebt und leidet irgendwann mit, mit ihr und vermutlich beginnt man sogar dieses Mädchen, später junge Frau einfach zu lieben. Obwohl ich das Buch beendet habe, lebe ich noch immer in dieser Geschichte, die einen manchmal zu Tränen rührt und man nur weinen möchte, dann schöpft man wieder Hoffnung und hofft das Beste für sie, dass einfach alles irgendwie gut ausgeht für sie. Gleichzeitig spüren wir aber auch, dass wir ein Buch über eine Frau lesen, die sich behauptet, die ein liebendes Herz in ihrer Brust trägt und von vielen nicht wirklich gesehen wird, wie sie wirklich ist.
Am Schluss hat man Tränen in den Augen, nicht nur über das Leben das sie gemeistert hat, sondern auch wie feinfühlig, still und leise voller Sinnlichkeit uns hier eine großartige Autorin eine Geschichte erzählt, die ich so noch nirgendwo gelesen habe. Das Buch von Delia Owens wurden von den deutschschweizer Buchhändlern für das Beste Buch des Jahres gewählt. Ein Buch, über das man zu staunen beginnt. Wer schafft das heute noch? Delia Owens hat ein Buch geschrieben, wo man nicht mehr aufhört zu staunen, selbst dann, wenn man damit zu Ende ist. Das muss man erst mal leisten. Man kann ihr nur zu so einem wirklich großen Buch nur gratulieren. Und es ist ein riesiges Geschenk an die Leserschaft. Für mich ist es eines meiner Lieblingsbücher geworden. Und ganz ehrlich: Ich finde es unglaublich, was uns hier für eine Geschichte erzählt wird. Weil sie es vermag, uns im innersten Kern unseres Seins zu berühren, unglaublich berührend und schön! Meine wärmste Empfehlung!
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